Donnerstag, 19. Mai 2011

Dummerjans Kriegsspiele

Der neue Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière stimmte gestern Deutschland am Rande seiner Vorstellung der Bundeswehr-Reform auf angeblich unausweichlich neue Aufgaben der Bundeswehr ein. Da ist von simpler Wahlbeobachtung die Rede. Aber auch von Einsätzen etwa im Auftrag der UN, der Nato oder Europas an irgendwelchen Punkten der Welt mit heute noch nicht definierten Aufträgen, wie dies etwa auf dem Balkan der Fall war. Und das auch dann, wenn „keine unmittelbaren deutschen Interessen davon betroffen sind“. Die Zukunft der Bundeswehr sieht demnach so aus: weniger Soldaten, weniger Geld, mehr Kriegseinsätze. Und genau mit diesem Focus will de Maiziere den Streitkräfte-Umbau vornehmen.

Der schlimmste aller Nachkiregs-Einsätze der Bundeswehr in Afghanistan ist noch nicht abgeschlossen und sein
militärischer Ausgang noch absolut offen, da werden auf der Bonner Hardthöhe bereits neue Kriegsszenarien, vollkommen losgelöst von deutschen Interessen, ins Auge gefaßt. Nun liegt es sicher im Aufgabenbereich des Militärs und des zuständigen Ministers, für den Fall der Fälle gerüstet zu sein, das schließt auch die entsprechenden Planspiele ein. Aber den Vereinten Nationen und der NATO einen verbalen Blankoscheck mit der Aussage „wir rüsten uns für Einsätze, deren Ziele wir heute noch nicht kennen“ auf die Verfügbarkeit deutscher Einheiten auszustellen, ist ein starkes Stück. Wir stehen quasi künftig „Gewehr bei Fuß“ für jeden blutrünstigen Quatsch, Hauptsache er wird mit dem Wort „friedensstiftend“ verbrämt. Und dann wird da auch noch „Europa“ mit einbezogen, ein Gebilde, von dem zwischenzeitlich ohnehin niemand mehr weiß, was es eigentlich sein soll oder was es sein möchte.

Damit wird nicht nur, wie es eine deutsche Tageszeitung heute in ihrem Aufmacher schreibt, die „Bundeswehr auf den Kopf gestellt“, sondern gleich auch noch in das ohnehin nur noch spärlich vorhandene Werte-Gerüst des Grundgesetzes ein weiteres Loch gesprengt. Was die Bundeswehr und ihre Einsatzmöglichkeiten betrifft, ist das Grundgesetz aufgrund Kap. II, Art. 24, Abs. 2, ohnehin nur noch politischer Käse, löchrig wie der sprichwörtliche, aber genießbare Schweizer Käse. Nachdem nun de Maizière die neue Einsatz-Ausrichtung überzeugend in die Welt posaunt und die friedensbewahrende Rolle der Bundeswehr an den Grenzen Deutschlands endgültig über Bord geworfen hat, wäre es an der Zeit, nach weiteren Einsatzmöglichkeiten Ausschau zu halten. Und da deutsche Soldatinnen und Soldaten in naher Zukunft verstärkt als Kanonenfutter für alle möglichen Kriegsziele auf dem Globus herhalten sollen, könnten wir sie ja an die kleine Handvoll derzeit noch souveräner Staaten ausleihen, die um ihre Freiheit und Unabhängigkeit fürchten müssen; nicht wissen, wie sie sich mit ihren schlecht ausgerüsteten nationalen Streitkräften gegen das imperialistische, kriegstreiberische Machtstreben zum Beispiel der USA, Frankreichs oder Englands zur Wehr setzen können.

Vorzugsweise sollten wir dabei aber nur Auftraggeber in Betracht ziehen, die für solche Aufgaben auch mit harter Währung zahlen können und nicht auch noch wie unsere bisherigen Verbündeten - etwa die USA-, harte Deutscheuros von uns wollen. Rohöl, Seltene Erden und andere begehrte Rohstoffe etwa. Sollten solche nicht zur Verfügung stehen, käme auch Gold, Silber und Kupfer in Frage. Aber nicht etwa um dem deutschen Bildungsnotstand Abhilfe zu schaffen; nicht für dringend benötigte Lehrkräfte oder etwa für die Sanierung unserer Universitäten oder unseres Gesundheitssystems. Auch nicht für die Stabilisierung unserer sozialen Errungenschaften wie Suppenküchen, Bahnhofsmissionen, Notunterkünften, Mutter-Kind-Einrichtungen oder den Tafeln. Nein, wir sollten die Gold- und Silberdukaten der von uns beschützten Staaten nehmen, damit wir unseren lieben Europa-Partnern in Griechenland, in Irland und in Portugal noch ein paar Milliarden mehr in den Rachen stecken können. Was scheren uns deutsche Gefallene, Kriegsinvalide und Interessen? Hauptsache der Rest der Welt ist wohlauf!

Unbestätigten Meldungen zufolge, denkt Thomas de Maizière derzeit auch darüber nach, wie er sich mit dieser Neuausrichtung der deutschen Streitkräfte politisch „ehrlich“ machen kann. So wird er den Gerüchten zufolge der Bundeskanzlerin schon in der nächsten Kabinettssitzung vorschlagen, sein „Bundesministerium der Verteidigung“ in „Kriegsministerium für internationale Friedensstiftung“ umzubenennen. Er selbst hätte künftig gerne den Titel „Friedensminister“, da es in und für Deutschland ohnehin nichts mehr zu „verteidigen“ gäbe.

Nur für die Truppe selbst, da ist ihm noch nicht der passende Name eingefallen. Sollten Sie dem Minister hier aus dem innovativ-schöpferischen Blackout helfen können, dürfen Sie ihre Namensvorschläge gerne telefonisch (+49 30 1824-8240) im Ministerium einreichen. Selbstverständlich geht’s auch per Email. Hier aber unbedingt in die Betreffzeile des Kontaktformulars das Kennwort „Namensgebung - Truppe“ eintragen. Die kreativsten Vorschläge will der Minister nämlich mit einem im Rahmen der Freiwilligen-Anwerbekampagne ausgelobten, kleinen Motivations-Preis -14 Tage Sanidienst im Feldlazarett Kundus- bedenken.

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