Mittwoch, 20. April 2011

Demonstrieren ist besser als hungern!

Es liegt ja schon einige Jahrzehnte zurück, wie mir 1962 mein Redaktionsleiter ein in Karton gebundenes Buch in die Hand drückte und lakonisch meinte:“Sie kennen sich doch damit auch aus, also schreiben Sie da mal was darüber“. Meine Qualifikation bestand damals zwar nur aus ein paar Jahren Hobbyornithologie, der Lesestoff jedoch barg ökologisches Dynamit. Silent Spring - Der stumme Frühling - geschrieben von der Biologin Rachel Carson war das aufsehenerregendste Sachbuch des Jahres, eines der einflußreichsten Bücher des 20. Jahrhunderts und Ausgangspunkt der weltweiten Umweltbewegung. Nahezu alle von Carson vertretenen Theorien waren zu jenem Zeitpunkt wissenschaftlich unbewiesene Behauptungen und entsprechend heftig diskutiert. Inzwischen sind sie ausnahmslos bewiesen.

Das Eingangskapitel beschreibt eine fiktive Kleinstadt, deren einstmals reiche Tier- und Pflanzenwelt nach dem Einsatz von Pestiziden jämmerlich zu Grunde geht und deren Einwohner plötzlich erkranken. Im zweiten Kapitel thematisiert Carson das Konzept des ökologischen Gleichgewichts: es habe sich über Jahrmillionen entwickelt und werde nun durch einen rigorosen Einsatz von Pestiziden in unvorhergesehener Weise beeinflußt. Wegen dieser kaum überschaubaren biologischen Auswirkungen bezeichnet Rachel Carson Insektizide als Biozide. Sie hinterfragt auch eine Einstellung, die davon ausgeht, daß die Natur allein dem Menschen zu dienen habe.


Das dritte Kapitel befaßt sich mit der Geschichte und Wirkungsweise von Pestiziden und Herbiziden. Rachel Carson war davon überzeugt, daß ohne einige Kenntnisse über DDT, Chlordan, Dieldrin, Eldrin, Aldrin und Heptachlor dem

Leser die folgenden Ausführungen weitgehend unverständlich bleiben würden. In den darauf folgenden Kapiteln stellt Rachel Carson unter anderem das Konzept der Nahrungskette vor und zeigt, wie die Kontaminierung von Wasser und Böden dazu führt, daß Giftstoffe sich auch in Lebewesen anreichern, die am Ende der Nahrungskette stehen. Insbesondere das 8. Kapitel befaßt sich mit den verheerenden Auswirkungen von DDT und anderer Pestidzide auf die Vogelwelt - daher auch der Buchtitel. Was ist ein Frühling, ohne den munteren und die Seele erfrischenden Gesang einer vielfältigen Vogelwelt?

Nun, in diesen warmen Apriltagen des Jahres 2011 sind immer noch weitgehend alle typischen Arten zu hören; der Frühling ist also nahezu 50 Jahre nach Veröffentlichung des Buches keinesfalls „stumm“ geworden. Warum ist mir aber dann gerade heute diese Begebenheit und dieses Buch wieder in den Sinn gekommen?



Zu meinen täglichen Gepflogenheiten gehört eine kleine Wanderung rund um meinen Wohnort. Sie führt auf einer Strecke von rund sieben Kilometern vorbei an Feldern, Wiesen, Waldrändern und einer Versuchsanlage für Obstanbau. Hier werden die optimalen Wuchs- und Standorteigenschaften für die unterschiedlichsten Obstgehölze erforscht. Es blüht auf einem mehrere Hektar großen Gelände an allen Ecken und Enden. Aprikose, Zwetschge, Kirsche, Apfel, Birne, alte und neue Sorten, an jungen und an alten Bäumen. Darunter auf der Wiese ein Meer von gelben Löwenzahnblüten. Es ist ein Ort, an dem ich gerade in dieser Jahreszeit gerne ein paar Minuten Rast mache und die Seele baumeln laße.

So auch heute.Und es gab viel zu hören: Den Schlag der Buchfinken, das Rülschen der Grünlinge und das balzende Flöten der Grasmücken. Auch das Murmeln eines nahe gelegenen Baches. Aber etwas fehlte, etwas für diese Jahreszeit ganz Typisches; etwas, das sich gerade in dieser Umgebung schon in den Jahren der Kindheit in seiner ganzen Monotonie und Beständigkeit in mein und sicher auch in Ihr Gedächtnis eingeprägt hat, es war nicht da.

Das Summen von Bienen. Heute war nichts zu hören und auch nichts zu sehen. Eine Großanlage voll von tausenden blühenden Obstbäumen und nicht eine einzige Biene unterwegs! Es beschlich mich schon ein beklemmendes Gefühl, als mir bewußt wurde, daß dies auch in den zurückliegenden Tagen nicht anders gewesen war (Auf dem Rückweg entdeckt: 1 Erdhummel, eine Wespe, eine Honigbiene tot am Wegesrand). Sollte der „stumme Frühling“ wahr geworden sein, nur auf eine andere Art und Weise, wie von Rachel Carson beschrieben?

Nun, es sieht ganz danach aus, wenngleich es noch starke, regionale Unterschiede gibt. Aber eine Rückfrage bei den Imkern, ihren Organisationen und Landesverbänden ergab ein erschreckendes Bild. Weltweit waren bereits 2010 weit über 30 Prozent der bekannten Bienenvölker vernichtet. In Deutschland nicht anders, wie in Italien, in Afrika oder Asien. Australien und die USA sind ebenso betroffen wie die südamerikanischen Staaten. Forscher rechnen bereits mit einer drastischen, weltweiten Lebensmittelkrise, sollte dieses Massensterben unter den Bienenvölkern nicht schnellstens beendet werden können. Letztendlich werden von den für uns Menschen 100 wichtigsten Nahrungspflanzen 70 alleine durch Bienen bestäubt. Keine Bienen, keine Lebensmittel für die Menschheit. Eine so einfache wie erschreckende Rechnung mit fatalem Ende!

Verlorene Nahrungsgrundlagen; der Einsatz von Herbiziden, Pestiziden und systemischer Insektizide in der Landwirtschaft sowie chemische Schutzüberzüge für Saatgut wie auch ein verstärktes Auftreten von Milben- und Virenerkrankungen setzen den Bienenbeständen zu. Hinzu kommt, daß Bienen für die Aufzucht ihrer Brut auf Pflanzensubstanzen angewiesen sind, die ihnen durch den Artenschwund nicht mehr ausreichend zur Verfügung stehen. Die Situation wird sich innerhalb dieses Jahrzehnts nach Meinung von Wissenschaftlern drastisch verschärfen, da das Aussterben von weiteren 20.000 Blühpflanzen-Arten befürchtet wird. Um den Bienen in Deutschland die Chance für eine nachhaltige Regeneration und Umweltanpassung zu ermöglichen, bedürfte es nach aktuellem Forschungsstand eines zusammenhängenden, strikten Bienenschutzgebietes mit intakter Umwelt in der Größe „eines mittleren deutschen Bundeslandes.

Soweit ein kurzer Abriß der Situation und den Zukunftaussichten für die Bienen im Allgemeinen und die Spezies Mensch im Besonderen.

In diesem Blog habe ich bisher immer kräftig ausgeteilt. Es liegt in der Natur der Sache, daß bei den aufgegriffenen Themen immer erst im Nachhinein reagiert werden konnte. Heute ist das vollkommen anders und aus diesem Grund könnte dieser Beitrag zum wichtigsten werden, der bislang an dieser Stelle veröffentlicht wurde. Denn: Noch haben wir die Chance, für den Erhalt unserer ganz persönlichen Lebensgrundlage aktiv zu werden, denn die u. a. von BAYER hergestellten und weltweit in den Handel gebrachten Umweltgifte „Imidacloprid“ und „Clothianidin“ sind für das Bienensterben in aller Welt mitverantwortlich.

Die Koordination gegen BAYER-Gefahren weist bereits seit den 90er Jahren darauf hin, daß Agrargifte eine große Gefahr für Bienen und Wildinsekten darstellen. Obwohl beide Pestizide in mehreren Ländern verboten wurden, stellt BAYER den Verkauf nicht ein. Der DBIB (Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund e.V.) ruft deshalb zu einer Imker-Demo bei der



Hauptversammlung der BAYER AG
am Freitag, 29. April 2011
von 8.00 bis 12.00 Uhr
am Eingang Nord der Kölner Messe
an der Mühlheimer Straße in Köln



auf. Das Motto ist „BAYER - Gift für Bienen"

Auch wenn wir keine Imker sind, sollten wir dieses Anliegen unterstützen und den DBIB durch unsere Demo-Teilnahme unterstützen. Es geht auch um Ihre und um meine Lebensmittel, nicht nur um die der Imker. Also... wir sehen uns!



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